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Mittwoch, 13. November 2019 Lebensraum Zurzibiet 47
Im Herbst 1839 schloss er die trigonomet- Heinrich Michaelis waren eine messtechni- Messwerte sofort per Knopfdruck zur Ver-
rischen Feldarbeiten ab, die Wintermonate sche Sensation, eine echte Pionierleistung. fügung haben. Mit wenig Manpower und
1840/41 nutzte er, um die zur Herstellung Reto Porta bestätigt, dass die Genauigkeit viel Rechenpower können wir heute sehr
der Karte notwendigen Berechnungen an- der Messungen, gemessen an den techni- viel berechnen und zeichnen. Damals muss-
zustellen. Die ergänzenden topografischen schen Möglichkeiten, beeindruckend war. te alles zuerst von Hand ausgemessen und
Aufnahmen waren 1842 abgeschlossen. Im «Heute ist selbstverständlich, dass wir alle dann von Hand ausgerechnet werden.»
März 1843, knapp sechs Jahre nachdem er
den Vertrag mit dem Kanton Aargau unter-
zeichnet hatte, konnte Michaelis, übrigens
ein preussischer Ingenieur im Rang eines
Hauptmanns, sein trigonometrisches Drei-
ecksnetz von 450 Punkten über den Kan-
ton Aargau an Henri Dufour übergeben. Bis
1844 erfolgte die Reinzeichnung von 18 Kar-
tenblättern im Massstab 1:25 000 in mehr-
farbiger Schraffentechnik. Parallel wurden
Kopien für das Eidgenössische Topogra-
phische Bureau angefertigt und in Genf auf
den Massstab 1:100 000 reduziert. Im glei-
chen Jahr erstellte man zudem Kopien auf
Pauspapier, die nicht mit Schraffen, sondern
mit Geländeformlinien gezeichnet wurden.
Beide Original-Karten im Massstab 1:25 000
wurden nie gedruckt und veröffentlicht.
In den Jahren 1844/45 wurde aber die ur-
sprünglich im Massstab 1:25 000 aufgenom-
mene Karte durch Ernst Heinrich Michaelis
auf vier Blätter im Massstab 1:50 000 über-
tragen und nach aufwendiger Suche nach
dem richtigen Kupferstecher schliesslich bei
Joseph Theodor Delsol in Paris in den Jahren
1845-1848 in Kupfer gestochen. 1849 wurden
die vier Blätter des Aargaus, die neben der
eigentlichen Karte auch zehn Sammelprofi-
le im Sinne eines Linienpanoramas enthiel-
ten, in einer Auflage von je 200 Exemplaren
in Paris gedruckt. Im gleichen Jahr dann im
Auftrag des Kantons Aargau in einer Nach- Das «Trigonometrische Netz zur topographischen Karte des Cantons Aargau» überreichte
auflage von je 1000 Exemplaren nochmals Michaelis 1843 im Massstab 1:125 000 an Guillaume Henri Dufour.
vervielfältigt. 1876 schliesslich wurde eine
überarbeitete und aktualisierte Version der
vier Blätter von 1849 noch einmal in einer
Auflage von 300 Exemplaren gedruckt.
Beeindruckend genau
Ihr Ergebnis mit bereits vorhandenem Kar-
tenmaterial vergleichen, das konnten die
Kartografen von damals nicht, denn sie wa-
ren ja die ersten, die eine so präzise Karte
zeichneten. Die Vorgängerkarten waren mit
der späteren Michaeliskarte nicht vergleich-
bar. Zwar wurden im «Atlas der Schweiz»
von Johann Rudolf Meyer, Johann Heinrich
Weiss und Joachim Eugen Müller – veröf-
fentlicht zwischen 1796 und 1802 – die Bä-
che und Flüsse, die Berge und Täler und die
Mehrheit der Ortschaften und einige wichti-
ge Wegverbindungen richtig dargestellt, der
Aargau und das Zurzibiet sind darauf aber
nur in Grundzügen fassbar. Die im Jahr
1803 im Massstab 1:200 000 herausgegebene
«Carte von dem Canton Aargau» mit einge-
zeichneten elf Bezirken und 48 Kreisen war
da schon viel genauer. Herausgegeben wur-
de die Karte damals von Kupferstecher Jo-
hann Jacob Scheurmann, der am «Atlas der
Schweiz» mitgewirkt hatte. Das Wegnetz
war schon viel genauer eingezeichnet, auch Die vier Karten zeigen, wie sich die Qualität der Karten im Laufe von 50 Jahren verändert
die wichtigsten Häuser sind darauf ersicht- hat: Zuoberst ein Ausschnitt des «Atlas der Schweiz», darunter ein Ausschnitt aus der Kar-
lich. Und trotzdem: Die Karten von Ernst te des «Cantons Aargau» von Scheurmann, darunter die Karten von Michaelis und Dufour.