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Mittwoch, 17. November 2021 Lebensraum Zurzibiet 21
Die beiden Männer haben einen beson-
deren Bezug zur Kindertagesstätte Abra-
kadabra. Der jüngere ist der Sohn der Ge-
schäftsführerin, und der ältere ist der Va-
ter der Krippenleiterin. Und schon erzählt
man sich Geschichten von früher, als die
Rüfenachts noch in diesem Haus wohnten,
bevor sie in ein Terrassenhaus am Obst-
gartenweg zogen. Dort, wo früher Wies-
land war und eben viele Obstbäume stan-
den, beherrscht nun eine gediegene Terras-
senüberbauung das Ortsbild unterhalb der
Kirche. So ändert sich eben auch in Schnei-
singen manches.
Gemütlich und authentisch
Auf die Frage, warum die Gäste ins «Al-
penrösli» kommen, meint die Wirtin An-
namarie: «Die Gaststube mit dem gemütli-
chen Cheminée sieht immer noch gleich aus Für Handwerker ist das «Alpenrösli» ein passender Znüni-Ort, es ist warm und urchig.
wie vor 50 Jahren, das weckt bei vielen gute
Erinnerungen, Erinnerungen an die Zeit,
als noch Oswald und Anna Rohner das Re-
staurant führten.» Das waren die Eltern der
Vorgänger der jetzigen Wirtsleute. Ein wei-
terer Stammgast gesellt sich zur Runde, be-
stellt einen Kaffee und nimmt ein Gipfeli
aus der gedeckten Schale. «Wir sprachen
gerade von der Zeit, als noch Oswald und
Anna im ‹Alpenrösli› wirteten», erklärt der
eine. «Ja, der Oswald, das war wirklich ein
Original, sehr fleissig und urgemütlich, mit
einem Villigerstumpen im Mund, da wusste
man noch nichts von einem rauchfreien Re-
staurant. Hatte das «Alpenrösli» eine Ge-
sellschaft zum Essen, half Vater Rohner
selbstverständlich beim Schöpfen, den Vil-
ligerstumpen unbeirrt zwischen den Zäh-
nen, auch wenn etwas Asche ins Voressen
fiel», erzählt der Einheimische. Ein heiteres
Lachen folgt, das tut gut.
Eine kurze Auszeit in der Wärme Wenn Vater und Sohn zu Besuch sind, setzt sich der Wirt gern auch mal zu den Gästen und
Zwei Handwerker mit beschrifteten wechselt ein paar Worte.
«Elektro»-Sweatshirts betreten die Gast-
stube und bestellen zwei Eingeklemmte,
Schinkenbrote wollen sie. Sie sind aus dem ten vom manchmal anstrengenden Berufs- der der Gruppe nicht geimpft waren. Da es
Nachbardorf und haben in Oberschneisin- alltag Gold wert.» Bald sind die Schinken- in der Gartenwirtschaft zu kalt war, zeigten
gen zu tun. Bob Svacek, der Wirt, macht brote verspiesen, sind die Cola getrunken, sich die anderen solidarisch und erschienen
sich auf in die Küche und bereitet die be- und schon gehts für die beiden wieder zur auch nicht. Ja, das ist so eine Sache.»
stellten Brote zu. Er geizt nicht mit den Arbeit zurück.
Beilagen, so kommen noch Tomaten, Sa-
lat und Tartaresauce dazu. Wirtin An- Der Seniorentisch als Treffpunkt
namarie kommt im richtigen Augenblick Herausforderung Corona Es ist kurz nach 10 Uhr: Nach und nach
in die Küche – die beiden sind ein einge- Die Corona-Pandemie war wie für viele an- setzen sich Senioren jüngeren und älteren
spieltes Team –, nimmt die Teller mit den dere auch für das Wirte-Ehepaar Annama- Semesters an den runden Stammtisch. Die
gluschtigen Eingeklemmten und serviert rie und Bob Svacek schwierig. Sie machten meisten kommen jeden Tag, ihnen ist der
sie den beiden Handwerkern. Bei dieser damals das Beste aus der Situation und bo- soziale Kontakt sehr wichtig. Nicht wenige
Gelegenheit meldet der Wirt den Hand- ten Menüs im Take-away an. Sie sind sehr der älteren Herren sind inzwischen allein-
werkern, dass eine FL-Röhre den Geist dankbar, dass sie von der Schneisinger Be- stehend. Im «Alpenrösli» tauschen sie sich
aufgegeben hat. Diese wird selbstverständ- völkerung unterstützt wurden. Ehepaare, aus, diskutieren über den neusten Beschluss
lich zwischen dem Znüni ersetzt, dafür ist aber auch alleinstehende Senioren holten des Bundesrats. Für die einen ist er fern
die Konsumation für die Handwerker nur das Essen hier ab und genossen ihr Zmittag von der Realität, für die andern schon gut
halb so teuer. zu Hause, ohne sich um das Kochen küm- so. Dorfgeschichten sind immer ein Thema,
Was schätzen sie am «Alpenrösli»? «Ers- mern zu müssen. Auch wenn sich die Situa- auch wenn es nur darum geht, warum jetzt
tens die nette Bedienung und zweitens, dass tion langsam normalisiert, erzählt der Wirt der Hans den Lebhag durch eine Mauer er-
wir jetzt, da es kälter wird, unser Znüni in von einem Beispiel: «Eine grössere Grup- setzt hat. Zuerst bei einem Kaffee, stossen
der warmen Gaststube geniessen können. pe hat sich zum Essen angemeldet, dieses später einige dann mit einem Apéro auf
Ausserdem ist eine halbe Stunde Abschal- aber wieder annulliert, weil zwei Mitglie- eine gute Gesundheit an. «Prost!»