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Lebensraum Zurzibiet «Die Botschaft» Mittwoch, 31. Oktober 2018 21
Tabea Hüberli hat die fünf Jungs am Openair St. Gallen fotografiert – eine eindrückliche Kulisse.
lernt man schnell viele Künstler keit eher unangenehm – sie sind auf wie dem St. Galler- oder dem Gur- er x-mal überarbeitet. «Wir wurden
kennen.» Es sei aber schon beson- dem Boden geblieben. ten-Openair sei aber der Druck hö- und werden im Laufe der Jahre im-
ders, wenn man im Studio sitze und her. «Auftritte vor kleinerem Pub- mer anspruchsvoller, was unsere Mu-
plötzlich «Nemo» oder «Dabu Fan- Beachtliche Erfolge likum sind intimer, die Aufmerk- sik betrifft.» Ein wichtiges Element
tastic» reinkämen – man sei direkt Dies gilt auch für ihre Zukunftspläne. samkeit ist dichter. Das macht es dabei ist der sogenannte «Off-Beat»,
an der musikalischen Ader. «Es ist Alle machen Ausbildungen, sichern für mich anstrengender – aber bei- der vor allem für die Reggae- und
natürlich spannend, plötzlich mit sich so mit einem zweiten Stand- des ist einfach toll», schwärmt Sän- Ska-Musik typisch ist.
solchen Grössen Musik zu machen.» bein den Lebensunterhalt. Das führt ger Mike Bill. «Ein gigantisches Ge- Der Band-Name «Pedestrians»
Doch auch sie selber werden im- indirekt auch zu weniger Erfolgs- fühl war der Auftritt am Montreux bedeutet auf Deutsch so viel wie
mer bekannter. Erkannt werden die druck. «Klar wäre es auch ein gro- Jazz Festival.» Auf die Frage, ob sie «Fussgänger». 2013 hatten sie noch
Jungs jedoch vor allem dann, wenn sser Traum, einmal nur von der Musik lieber im Aufnahmestudio oder auf keinen Führerschein, waren viel zu
sie als ganze Band unterwegs sind – leben zu können», meint Bill, «aber der Bühne stehen, gibt es keine ein- Fuss unterwegs. Ihr Name steht aber
einzeln werden sie kaum angespro- wir sehen das relativ realistisch. Wir heitliche Antwort. «So oder so – es auch für die Bodenständigkeit, fest
chen. Auf die Frage, ob sie denn arbeiten an unserem Traum – ent- wäre schwer, auf etwas von beidem verankert stehen sie mit beiden Füs-
Groupies hätten oder auch mal Un- weder es passiert oder nicht. In der verzichten zu müssen», meint Ra- sen auf der Erde. Und haben – ähn-
terwäsche auf die Bühne fliege, zei- Schweizer Musikszene sind viele ne- phael Erhardt. lich wie Fussgänger – immer wieder
gen sie wortlos auf eine kleine Kis- benbei noch berufstätig.» ein neues Ziel vor Augen.
te, die vor lauter BHs überquillt. Es sei schon ein anderes Gefühl, Der besondere Name
Dabei lachen sie verschmitzt, doch ob man vor 100 oder 3000 Leuten «2016 tourten wir für zwei Monate
den Jungs ist zu viel Aufmerksam- spiele. Bei grossen Veranstaltungen durch Europa und nahmen direkt an-
schliessend unser Album in England Die Band
auf – eine tolle Erfahrung. Da waren
wir mit unserem Bus unterwegs und Die «Pedestrians» bestehen
verbrachten auf kleinem Raum viel aus fünf jungen Musikern. Der
Zeit miteinander. Doch das hat har- 24-jährige Schlagzeuger Sascha
moniert, wir verstehen uns alle gut», van den Berg ist Primarlehrer
erinnern sich die «Pedestrians». Ver- und das älteste Bandmitglied.
bunden sind sie vor allem über die Alle anderen Jungs sind 23 Jah-
Musik, denn alle Männer haben un- re alt. Bassist Loïc Bawidamann
terschiedliche Freundeskreise. Jeder studiert Religionswissenschaf-
hat ein Einspracherecht, es gibt kei- ten, Gitarrist Davis Knecht wird
ne Hierarchien innerhalb der Band. ebenso wie van den Berg Pri-
«Wir finden immer einen Konsens. marlehrer. Der jüngste im Bun-
Wir führen sehr konstruktive Dis- de, Raphael Erhardt, spielt Key-
kussionen, denn jeder hat einen an- board und Saxofon und steht im
deren Musikgeschmack. Das ist gut Studium zum Umweltingenieur.
und gesund und wir können ver- Sänger Mike Bill studiert Kunst-
schiedene Einflüsse verwenden», geschichte – nicht nur musika-
erklärt Davis Knecht. Bis ein Song lisch sind sie also eine gut durch-
Die «Pedestrians» rocken die Bühne, fotografiert von Tabea Hüberli. wirklich aufs Album kommt, wird mischte Truppe.