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28 Lebensraum Zurzibiet Mittwoch, 13. November 2019
sen, vor bald 30 Jahren fand ein Treffen al-
ler Escher-Nachkommen im Städtli statt.
Alle über 100 Teilnehmenden tragen den
Namen Escher und sind Nachkommen der
nach Zürich abgewanderten Schulthei-
ssenfamilie Johannes Escher. Der Schult-
heiss bezeichnete einen Beamten, der im
Auftrag seines Herrn die Mitglieder ei-
ner Gemeinde zur Leistung ihrer Schul-
digkeit anhielt, also Abgaben einzog oder
für das Beachten anderer Verpflichtungen
Sorge trug.
Das Geschlecht der Escher spielte in den
ersten anderthalb Jahrhunderten des Be-
stehens von Kaiserstuhl eine richtungwei-
sende Rolle. Ihr Reichtum stammte aus
Fernhandels- und Finanzgeschäften, sie be-
sassen Güter auf beiden Seiten des Rheins.
Warum sie 1405 mit einer weiteren Schult-
heissenfamilie (den Grebel) nach Zürich
gingen, ist nicht ganz klar. Der Grössenun-
terschied beider Städte war damals nicht so
gross wie heute. Die Familie Escher vom
Glas brachte viele Gelehrte, Bankiers, Un-
ternehmer und Politiker hervor.
Bedeutender Münzfund
Noch hundert Jahre nach dem Wegzug
gehörten Eschers Güter in und um das
Städtli. In ihrem palastähnlichen Haus
hatten sie vor dem Wegzug Gold und
Silbermünzen in den Wänden versteckt
und im Boden vergraben. 1851 wurden
auf dem Areal des einstigen Escherhofes
165 Goldmünzen – alle von hohem Wert
– und gegen 500 Silbermünzen gefunden.
Sie stammten aus dem Rheinland, Flan-
dern, Nordfrankreich, Böhmen und Mai-
Er gilt als Urvater der Schweizer Eisenbahn, begründete ETH und CS und initiierte den land. Der Fund offenbarte damit auch, wie
Gottharddurchbruch: Pionier Alfred Escher. umfassend die Beziehungen der Familie
Escher zu europäischen Handelszentren
waren.
Bahnbrecher serstuhl, vermutlich aufgrund von Neid.
Im Jahr 1405 verliess die Familie Kai-
Schon 1384 hatte Johannes Escher das Bür-
für eine neue Welt gerrecht der Stadt Zürich erworben. Sei-
ne Macht erweckte Neider und seine enge
Beziehung zum habsburgisch-österreichi-
schem Hof führte zum Aufstand gegen ihn.
Die versteckten Münzen deuten auch nicht
auf eine überstürzte Abreise hin. Vielleicht
von keine Spuren mehr erhalten. Dabei bestand auch die Überlegung, bei einer
Es gibt eine Schweiz vor handelte es sich um ein hohes, langgezo- Änderung des politischen Windes wieder
und nach Alfred Escher. genes Gebäude. In einem Holzschnitt von zurückzukehren. Doch dem war nicht so,
1548 – damals lebte die Familie Escher
die Macht der Eidgenossen nahm immer
Heuer jährt sich der Ge- bereits seit vier Generationen in Zürich – mehr zu und damit verloren Eschers Freun-
burtstag des Zürcher Eisen- war das Haus noch intakt. Beim Münzfund de ihren Einfluss.
Zusammengetragen hat dies Hermann
1851 war es schon ziemlich verfallen. Da-
bahnpioniers, dessen Bür- mals fand ein junger Knabe beim Spielen J. Welti aus Leuggern. Er schrieb in sei-
gergeschlecht ursprünglich in der Ruine zwei Töpfe aus Erde, die mit nem Artikel «Die Schultheissen von Kai-
serstuhl»: «Schultheiss Johannes Escher
Münzen gefüllt waren – es sollte einer der
Kaiserstuhler Wurzeln hat, bedeutendsten Münzfunde in der Region besass grosses Ansehen und wurde mehr-
zum 200. Mal. werden. mals von den österreichischen Räten im
Amt Waldshut als Berater (Streitsachen)
Berühmte Familie zugezogen. Er und sein Bruder Heinrich
KAISERSTUHL (sf) – Im Städtli gab es erwarben gemeinsam einen ausgedehnten
einst einen «Escherplatz» sowie einen da- Die Escher-Familie, deren berühmtester Besitz.» Heinrich Escher, Stammvater al-
mit verbundenen Escherhof, der 1797 ab- Spross Alfred Escher ist, hat tatsächlich ler heutigen Escher vom Glas und Bruder
brannte. Das palastähnliche Gebäude ver- Kaiserstuhler Wurzeln. Diese Wurzeln des Schulheissen Johannes, erwarb am 20.
kam und wurde zur Ruine, heute sind da- hat die Familie aber nie komplett verges- Juli 1385 das Bürgerrecht der Stadt Zürich.